Schulanlage Höckler

Wettbewerbsprojekt Schulanlage Höckler Zürich Manegg
2. Rang / Ankauf

Schulhaus Höckler - Längsschnitt
Schulhaus Höckler - Wendeltreppe

Ein Schulhaus für die Klimajugend

Der letzte Satz über unser Projekt im Jurybericht der Stadt Zürich sagt einiges:
"Aber würde man die Klimajugend fragen, so wäre WERKSTADT wohl ihre neue Schule."
Wir wollen keine schlechten Verlierer sein, doch der Entscheid für ein Tabula-Rasa-Projekt als einer der letzten Bausteine von Greencity hat uns vor allem als Bürger und Bewohner der Stadt Zürich enttäuscht.

Schulhaus Höckler - Malaparte
Schulhaus Höckler - Gewächshaus im Schülergarten
Schulhaus Höckler - Blick vom Haspelsteg

Bericht des Preisgerichts:

Ausgehend vom städtischen Klimaziel Netto-Null 2040 sowie der Tatsache, dass die Baubranche für 28% des globalen CO2-Ausstosses verantwortlich ist, schlagen die Verfasserinnen und Verfasser ein Projekt vor, das konsequent auf einen Erhalt und eine Umnutzung der bestehenden Gewerbehallen setzt. Im Sinne einer umfassenden Nachhaltigkeit bietet das Projekt WERKSTADT denn auch einige handfeste Chancen. So könnte gemäss eigenen, plausiblen Angaben gegenüber einer Tabula-Rasa-Lösung eine Menge von insgesamt 900 Tonnen CO2 eingespart werden. Der Erhalt der bestehenden Bausubstanz und ein Verzicht auf neue Untergeschosse, insbesondere in den kritischen Grundwasserbereichen, würde die Rohbaukosten senken und die Bauzeit verkürzen.
Die durch viele Neubauten geprägte Greencity würde vom Weiterbestand der imposanten Zeitzeugen aus der industriellen Geschichte ebenfalls profitieren. Schliesslich könnten in der alten Werkstatt und im kleinen Wärtergebäude im Zentrum der Anlage die aktuellen Zwischennutzungen eine dauerhafte Bleibe finden und damit zur Belebung des neuen Stadtquartiers beitragen.

Diese Mehrflächen zusammen mit der Erschliessung im Bestand belasten allerdings im Vergleich zu den anderen Wettbewerbsbeiträgen die Wirtschaftlichkeitsbilanz des Projekts.
Die neue Schule in den alten Gewerbehallen basiert auf einem Haus-im-Haus-Prinzip, in dem die gedämmten Räume im Zentrum der zweigeschossigen Hallen angeordnet und durch eine unbeheizte Pufferzone mit Zwischenklima von den bestehenden Fassaden abgetrennt werden. Im Erdgeschoss werden folgerichtig die allgemeinen Nutzungen wie Mehrzweckraum, Mensa, Bibliothek, Betreuung und im Obergeschoss die Spezialräume und die Teambereiche untergebracht. Allerdings haben diese Nutzungen wegen der umlaufenden Korridorschicht nur indirektes Tageslicht. Zur Belichtung der innenliegenden Schulräume werden in der umlaufenden Korridorschicht auf der Ostseite die nichttragenden Backsteinfelder durch eine transparente Luftkissen-Konstruktion mit aussenliegendem Sonnenschutz ersetzt. Ob dadurch im Innern die für schulische Zwecke notwendigen Luxzahlen erreicht werden können, ist jedoch unsicher. Die bestehenden Untergeschosse erhalten durch die Archivräume, die Haustechnik und die Einstellhalle eine sinnvolle Nutzung.

Auf der Dachfläche der südlichen Halle E werden die beiden Aussensportplätze angeordnet. Über Wendeltreppen und Brückenverbindungen zum Haspelsteg sind sie auch während der schulfreien Zeit für die Öffentlichkeit
gut zugänglich. Die nördliche Halle D und der anschliessende konische Aussenraum werden durch einen zweigeschossigen Holzbau aufgestockt, in dem die Cluster mit den Klassenzimmern angeordnet sind.
Der Stützenraster korrespondiert mit dem auf schwere Lagerlasten ausgelegten Stahlbetonskelett der Gewerbehalle. So werden die hohen Traglastreserven
geschickt ausnützt.
Zwei neue Treppenhäuser verbinden Bestand und Aufstockung. Sie erschliessen pro Geschoss jeweils vier gut organisierte Cluster, die seitlich über fassadenbündige Aufenthaltsräume erschlossen werden. Interne Lichthöfe
sollen die Klassenzimmer lärmabgewandt lüften und im Sommer nachts auskühlen. Leider sind sie baurechtlich viel zu klein geraten, um eine Ausnahmebewilligung zu umgehen und tragen wenig zur vergleichsweise schlechten
Volumeneffizienz des Projektes bei.
Der einzige Neubau steht auf dem nördlichen Arealbereich. Auf einer Schwimmhalle im Untergeschoss ohne Tageslicht werden drei Einfachhallen zu einem knapp 25 Meter hohen, kompakten Sportgebäude aufeinandergestapelt.
Leider wird dabei der erforderliche Grenzabstand an der nordöstlichen Ecke um bis zu zwei Meter überschritten, was im Rahmen des ergänzenden Gestaltungsplans korrigiert werden müsste und damit für den weiteren Prozess ein Risiko bedeuten würde. Für die Fassaden der Holz-Beton-Verbundkonstruktion soll das wenige Abbruchmaterial vor Ort in Metallkörben wiederverwendet werden – eine wohl ökologische Materialisierung, aber auch eine etwas kontextfremde Ausdrucksform.
Die wenige Freifläche wird durch die bestehenden Werkhallen und das neue Sportgebäude in eine schöne Raumfolge von Locher-Oeri-, Rampen- und Werkstattplatz
aufgeteilt. Dadurch wird das Areal auch in Querrichtung sehr durchlässig. Der Locher-Oeri-Platz wird durch die umfangreichen Treppen- und Rampenanlagen in seiner Funktion als zentraler Quartier- und Schulplatz allerdings beeinträchtigt. Zudem werden die Vorgaben der Störfallvorsorge in den ebenerdigen Freiräumen und auf Teilen der Dachflächen nicht eingehalten.
Die Freiraumflächen werden in der Vertikalen durch eine reiche, mit Brücken verbundene Dachlandschaft ergänzt, die sich mit ihrer Flora differenziert an der Landschaft des Sihltals und des nahen Uetlibergs orientiert.

Die neue Schule Höckler reagiert beispielhaft auf den aktuellen, vor dem Hintergrund der Klimaproblematik geführten Diskurs im Umgang mit dem Bestand. Sie lebt im Wesentlichen von einem improvisierten, werkstattartigen Charme der zu neuer Bestimmung geführten alten Gewerbebauten. Aus Sicht der Schulvertretung überwiegen die betrieblichen Nachteile gegenüber einer Neubaulösung.
Zudem schätzt die Jury die diversen baurechtlichen Verstösse für eine Weiterbearbeitung als zu grosses Risiko ein. Aber würde man die Klimajugend fragen, so wäre WERKSTADT wohl ihre neue Schule.

Weiterführende Links:

Stadt Zürich Hochbaudepartement - Wettbewerb Schulanlage Höckler

NZZ - Die Stadt Zürich im Abbruchfieber: Die Bauämter müssen weg von ihrer Tabula-rasa-Politik

Tages Anzeiger - Es wird fleissig abgerissen, obwohl das kaum jemand gut findet

Schulhaus Höckler - Axometrie
Schulhaus Höckler - Blick den Werkstattseingang
Schulhaus Höckler - Mittlerer Platz
Schulhaus Höckler - Handarbeit
Schulhaus Höckler - Mensa
Schulhaus Höckler - Sportplatz auf dem Dach
Schulhaus Höckler - Green Rooftop
Bald Geschichte: Aufführung des Kinderzirkus Robinson in der noch stehenden Halle E Bald Geschichte: Aufführung des Kinderzirkus Robinson in der noch stehenden Halle E
INFO
Typ: Einstufiger offener Wettbewerb
Auslober: Stadt Zürich
Ort: Zürich Manegg
Jahr: 2022
Zusammenarbeit: Enzmann Fischer Architekten, Zürich